"Nein, ich bin kein Hundeflüsterer", "SONNTAGSGESPRÄCH: Eugen Brunnschweiler stellt Welpenspielzeug her. Trotzdem find et er, man solle Hunde nicht verhätscheln"
Bericht vom 19.12.2010 von: VON BETTINA HAMILTON-IRVI
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Seine Urdorfer Firma ist auf den Hund gekommen: Seit rund drei Jahren spezialisiert sie sich auf die Herstellung von Welpenspielzeug. Eugen Brunnschweiler ist unterdessen ein Experte auf dem Gebiet– obwohl er selber keinen Hund besitzt.
Herr Brunnschweiler, Sind Sie ein Hundeflüsterer?
Eugen Brunnschweiler: Nein, ich bin kein Hundeflüsterer. Ich glaube auch nicht, dass es das wirklich gibt.
Woher wissen Sie denn, was Hunde wollen?
Ich entwickle und verbessere meine Spielgeräte aufgrund der Erfahrungen von Hundezüchtern. Sie sagen mir, was gut ist und was man ändern könnte, und das setzen wir dann um. Wir haben eine sehr gute Zusammenarbeit mit einigen Züchtern.
Das heisst, Sie haben alles, was Sie über Hunde wissen müssen, aus der Zusammenarbeit mit Hundehaltern und Züchtern gelernt, obwohl Sie selber keinen Hund besitzen?
Das ist richtig. Vor allem von Züchtern oder Besitzern von Hundeschulen bekomme ich viel wertvolles Feedback. Hätte ich selber einen Hund, so wäre das einerseits nur ein einziges Tier, welches andererseits auch bald ausgewachsen wäre. Für meine Arbeit brauche ich jedoch Rückmeldungen von Leuten, die viele unterschiedliche Welpen haben. Das nützt mir am meisten.
Auf Ihrer Website sagen Sie, dass sich die Hundewelpen dank dem Welpenspielzeug «artgerecht entwickeln» können. Konnten sich Welpen denn früher, bevor es Welpenspielzeug gab, nicht artgerecht entwickeln?
Grundsätzlich kann man einen Hund auf viele verschiedene Arten erziehen, so dass es artgerecht ist. Das kann mit oder ohne Spielgeräte geschehen. Jeder Hundezüchter entscheidet selber, wie er seine Welpen prägen will. Experten gehen aber davon aus, dass ein Welpe in der Prägungsphase möglichst viele Eindrücke bekommen und möglichst viel Unterschiedliches lernen sollte. In seinem ersten Lebensjahr entwickelt er sich besonders gut und nimmt sehr viel auf. Was er dort nicht gelernt hat, lernt er nur mit sehr viel Mühe oder gar nicht mehr. Und die unterschiedlichen Eindrücke kann man einem Hund sehr gut mit Spielgeräten näherbringen.
Würde es nicht auch einfach ein Ball und ein Stück Holz tun?
Klar kann man eine Wippe zum Beispiel mit einer Holzlatte über einer Holzrolle selber machen. Das Problem ist jedoch, dass diese sehr schnell verbissen, moderig und glitschig wird und sehr schnell stinkt. Die Welpenspielgeräte sehen viel schöner aus und können auseinandergenommen und wieder anders zusammengesetzt werden. Ausserdem kann man sie sehr gut reinigen und sie sind physiologisch unbedenklich. Ein Hund kann also auch reinbeissen, ohne dass er nachher Splitter im Mund hat oder chemische Schadstoffe aufnimmt.
Einige Ihrer Welpenspielanlagen kosten mehr als 2000 Franken. Das ist sehr viel Geld für einen Welpen, der relativ schnell grösser wird.
Es sind meistens Hundeschulen, Hundespielplätze oder Züchter, die diese grossen Anlagen kaufen. Wenn man bedenkt, dass ein Züchter vielleicht zwei Würfe pro Jahr mit jeweils sechs bis acht Hunden hat und diese Spielgeräte jahrelang benutzen kann, ist das eine gute Investition. Aber klar: Wenn es nur um einen einzelnen Hund geht, dann ist so eine grosse Spielanlage fast etwas überrissen. Die meisten Leute, die nur einen Hund haben, kaufen ein kleineres Gerät für vielleicht 300 oder 400 Franken.
Kann man dieses auch noch brauchen, wenn der Hund grösser ist, oder dauert die Freude nur ein paar Wochen?
Die Geräte lassen sich auf grössere Hunde anpassen, da es sich um ein Konstruktionssystem handelt, das jederzeit umgebaut werden kann.
Sie sind schweizweit der wohl einzige Hersteller von Welpenspielzeug. Wie kommt man dazu?
Vor etwa zwanzig Jahren, als wir noch vor allem Spielgeräte für Kinder entwickelten, besuchte mich ein Hundepsychologe. Obwohl ich es eigentlich verrückt fand, dass es nun schon Psychologen für Hunde gibt, entwickelten wir ein Modell für ihn, das er in seiner Hundeschule über Jahre verkaufte. Vor etwa 15 Jahren besuchte dann jemand vom Circus Knie mit seinem Hund unsere Ausstellung. Der Hund entdeckte eine 3 Meter lange Rutsche, kletterte die Treppe hoch und rutschte runter. Wir fanden das zum Schiessen. Immer mehr Leute erkundigten sich nach Spielgeräten für Hunde und aus einzelnen Anfertigungen entstand schliesslich immer mehr.
Gefällt Welpen dasselbe wie Kindern?
In vieler Hinsicht schon. Doch ein Welpe rennt im Gegensatz zu einem Kind, das von der Mutter bewacht und betreut wird, einfach los, sobald er sich bewegen kann. Deshalb fallen Welpen sehr schnell. Die Geräte müssen also niedrig genug sein, dass sie gefordert werden, aber sich nicht verletzen. Wenn ein kleiner Hund von 30 Zentimetern auf seine Pfoten springt, kann er sich schon die Beine brechen. Genauso wie sich weiche Gelenke verformen, wenn junge Hunde darauf springen. Das gilt es zu verhindern. Von den Züchtern weiss ich genau, wie hoch die Geräte sein dürfen, damit sie noch verträglich sind. Mir macht es sehr viel Spass, passende Geräte zu entwickeln, denn ich möchte etwas Sinnvolles tun.
Wenn Sie so viel Spass daran haben, haben Sie nie Lust bekommen, selber einen Hund zu kaufen?
Um einen Hund zu haben, braucht man Zeit. Ich habe jedoch ein Geschäft, das mich sehr beansprucht. Wer nicht genug Zeit für einen Hund hat und sich richtig um das Tier kümmern kann, soll es meiner Meinung nach sein lassen. Ich befürworte es nicht, dass ein Tier stundenlang alleine in einer Wohnung oder einem Auto warten muss.
Woher nehmen Sie die Ideen für neues Spielzeug?
Es wird nicht mehr so viel an mich herangetragen wie früher. Das meiste fällt mir einfach so ein. Ich habe keine Probleme, neue Ideen zu entwickeln.
Können die Geräte auch für gezieltes Hundetraining eingesetzt werden?
Ja. Für die optimale Sozialisierung der Welpen müssen diese verschiedene Untergründe kennen lernen und viele Situationen, denen sie im Laufe ihres Lebens begegnen werden, schon einmal erlebt haben. Wenn der Welpe lernt, mit der ganzen Pfote aufzutreten, hat er den richtigen Tritt, wenn es rutschig wird. Lernt er, über transparente Materialien zu gehen, wird er als erwachsener Hund ohne Probleme eine Gitterbrücke oder Gittertreppe überqueren. Der Ballpool ist hilfreich, weil er streichelnde Hände simuliert oder Gegenstände, durch die der Welpe sich hindurchquetschen muss.
Da werden Sie selber fast zum Tierpsychologen.
(lacht) Nur in gewissen Bereichen.
Haben Sie sich schon überlegt, den Bereich auszudehnen und Spielzeug für andere Tiere herzustellen?
Wir haben uns das schon überlegt, uns aber dagegen entschieden. Ich bleibe beim Hund. Er fasziniert mich, gerade auch, weil er besonders lernfähig ist. Ich möchte lieber etwas richtig machen, statt Geräte für 20 Tiere herzustellen, die dann nicht perfekt sind. Auf Anfrage stellen wir aber schon auch Geräte für andere Tiere her: Zum Beispiel haben wir einst für einen Streichelzoo in einem Zirkus eine Anlage gebaut, über die dann Schafe, Ziegen und sogar ein grosser Eber gingen. Das war witzig.
Was halten Sie davon, Hunden etwas zu Weihnachten zu schenken?
Ich habe da so meine Mühe damit, denn ich glaube nicht, dass ein Hund weiss, dass Weihnachten ist. Die Welpenzüchter, mit denen ich spreche, bauen sich nicht ihre ganze Welt um die Hunde auf, schliesslich werden diese ja irgendwann verkauft. Die meisten haben zwar eine sehr innige Beziehung zu den Hunden, verhätscheln sie aber nicht und kaufen ihnen Röcklein und Schürzen.
Sie sind kein Fan von Hunden, die man wie ein Kind behandelt?
Gar nicht. Es geht darum, einen guten, sozialisierten Hund heranzuzüchten, der ein guter Freund des Menschen wird und an dem man Freude hat. Er soll aber immer noch ein Hund sein.
Wer ist Eugen Brunnschweiler
Bereits seit 1985 betreibt Eugen Brunnschweiler die Firma Apesa AG in Urdorf. Neben der Herstellung und dem Verkauf von Kinderspielgeräten hat sich die Firma seit 2007 auch auf die Herstellung von Welpenspielzeug spezialisiert, was sie in der Schweiz einzigartig macht. Eugen Brunnschweiler hat sich nach einer Lehre als Automechaniker und dem Abschluss der Handelsschule zum eidgenössisch diplomierten Verkaufsleiter weitergebildet. Er ist seit 1985 verheiratet und hat seit 1985 eine Tochter. Obwohl er in Zürich Seebach lebt, hat er, wie er selber sagt, mehr Bezug zum Limmattal, wo er sich unter anderem einmal in der Woche mit dem Kiwanis Club Limmattal-Zürich trifft. Er war 17 Jahre Clubsekretär.